Eine Kurzbiographie
Automobile fahren durch sturm- und regengepeitschte Landschaften, liefern sich
Rennduelle mit schnell dahinsausenden Flugzeugen und suchende, gelbe
Autoscheinwerfer beleuchten dunkle, gespenstige Landschaften. Rassige Sportwagen
erklimmen steile Landstraßen, hoch über Flusslandschaften, stehen am Strand
oder spiegeln sich in nassen Fahrbahndecken. Signiert sind diese Darstellungen
mit Bernd Reuters. Doch wer war dieser Bernd Reuters?
Bernd Reuters wurde am 11.09.1901 in Berlin geboren. Nach einer kurzen
Ausbildung an der Hochschule der Künste Berlin arbeitete er schon 1920 als
Pressezeichner. Im Jahr 1924 erschienen erste Zeichnungen von ihm im Berliner
Gesellschaftsblatt “Sport im Bild”, für das zur gleichen Zeit auch der
Schriftsteller Erich Maria Remarque tätig war. Oft illustrierte Bernd Reuters
die Erzählungen und Kurzgeschichten, des damals noch unbekannten Literaten.
Ab 1925 bereicherten seine Zeichnungen die verschiedensten Magazine und
Zeitschriften. Er arbeitete für Echo Continental, der Hauszeitung des
Hannoveraner Reifenherstellers, für die Zeitschriften MoTor, Scherl's Magazin,
Das Magazin und Die Woche.
Waren schon in seinen Illustrationen oft Autos zu sehen, wurde es für einen
“Autonarren” ab 1926 erst so richtig interessant. Nun entstanden erste
Autowerbungen für die in Brandenburg/Havel ansässigen Brennabor Werke und NAG
aus Berlin. Bald hatten ihn dann auch andere entdeckt! Vor dem Zweiten Weltkrieg
zählte er zu den bedeutendsten deutschen Fachleuten in der Automobilwerbung.
Sein Stil beeinflusste andere Zeichner im In- und Ausland.
In Sport im Bild betätigte er sich obendrein noch als Autojournalist. Schon sehr
früh forderte er glatte, schnörkellose Karosserien und bald auch die
Stromlinienform. Durch seine kritischen Berichte, Zeichnungen und Vorschläge
hatte er, zumindest in Deutschland, Einfluss auf das Karosseriedesign.
Unglaublich war die Schaffenskraft von Bernd Reuters: Es scheint fast so, als
hätte er Tag und Nacht seinen Stift und Pinsel nicht aus der Hand gelegt. Er
gestaltete Werbung und Prospekte für Autohersteller wie, Adler, Opel, Hansa,
Ford, Röhr, Auto Union, Graham-Paige oder Lincoln.
Mit den Reichtagswahlen im Januar 1933 übernahmen dann die Nationalsozialisten
die Macht. Die bemühten sich sofort – neben dem Bau der Reichsautobahn, der
Ankurbelung der Wirtschaft und der Rüstungsindustrie – ebenso erfolgreich um
Bücherverbrennungen, Verbot der Parteien, Ausschaltung der Gewerkschaften und
Berufsverbote für jüdische Künstler. Auch die Werbebranche merkte “Die neue
Zeit” mehr als deutlich. Viel Werbekünstler stellten den Stil um, damit ihnen
nicht ein Arbeitsverbot drohte oder gingen lieber gleich ins Ausland.
Auch Reuters geriet fast in die Mühlen des NS-Staates! Bei einer Überprüfung
1936, durch die “Reichskammer der bildenden Künste” fiel auf, dass sein
Großvater mütterlicherseits ursprünglich dem jüdischen Glauben angehörte. Doch
irgendwie hatte er Glück. Vom Berufsverbot verschont, drehte er richtig auf!
Zwischen 1936 und 1939 erscheinen mit seine besten Entwürfe, Prospekte für den
Opel Admiral, Adler Trumpf, Adler 2,5 Liter Typ 10 und Horch 850. In Bernd
Reuters Arbeiten war keine Spur von dem “Niedergang der Werbekunst in
Deutschland” zu finden, der von vielen Fachleuten vor dem Hintergrund der
NS-Zeit gesehen wird.
Beim betrachten der Adler- oder auch Opel Werbungen dieser Zeit, fällt
allerdings auf, dass die Darstellungen von Bernd Reuters ab 1937 eine andere,
dunklere Stimmung angenommen haben. Ob in diesen Entwürfen der “dunklen Phase”
die Situation im nationalsozialistischen Deutschland zum Ausdruck kam?
1939 begann der Zweite Weltkrieg und bald wurden die Aufträge für Bernd Reuters
spärlicher. Die Industrie verdiente nun das Geld mit anderen, militärischen
Produkten, für die eine “Reklame” in großem Stil nicht notwendig war. Dies bekam
auch Reuters zu spüren. Zwar gab es selbst zu dieser Zeit noch Aufträge für
Reuters, aber dann brannte bei einem Bombenangriff im Jahr 1943, sein Atelier in
Berlin-Lichterfelde aus. Sein bisheriges Lebenswerk, seine Zeichnungen wurden
teilweise vernichtet. Er kehrte Berlin den Rücken und zog sich an die
Mecklenburgische Seenplatte zurück.
In ländlicher Umgebung verfolgten ihn die Kriegsereignisse nicht so wie in der
Reichshauptstatt Berlin, die immer öfters das Ziel alliierter Bombenangriffe
wurde. Nach Kriegsende dauerte es dann eine ganze Zeit lang, bis wieder
Werbegraphiken von ihm zu finden waren. 1949 entstanden für Ford einige
Anzeigen, die im typischen Stil Reuters fast den Anschein erweckten, als wäre in
den zurückliegenden 10 Jahren überhaupt nichts Umwerfendes passiert. Die Zeiten
besserten sich wieder, das Wirtschaftswunder nahm seinen Anfang. Hitlers
KdF-Wagen, feierte als “Volkswagen” seine Wiedergeburt. Das buckelige Fahrzeug
trat seine steile Karriere an. Natürlich betrieb auch VW wieder verstärkt
Werbung. Reuters der inzwischen nach Hamburg umgesiedelt war, wurde 1950 von den
Wolfsburgern als freier Mitarbeiter engagiert. Der große Käfer-Prospekt von
1951, zum Aufklappen mit Pergamentpapier, war das erste Werk von Bernd Reuters
für VW.
Jedes Jahr konnte er nun einen großen Prospekt entwerfen. In seinem
unvergleichlichen Stil schaffte er es, dass der kleine Käfer fast wie ein edler
Sportwagen wirkte. Den meisten unter uns blieb er durch diese Zeichnungen in
Erinnerung. Bernd Reuters prägte die VW Werbung der 50iger Jahre. Daneben war er
auch für die “Designabteilung” von VW tätig und wirkte mit an der Gestaltung von
Messeständen.
Viel zu früh verstarb Bernd Reuters im Alter von 56 Jahren am 6. Juli 1958 an
einem Herzinfarkt.